Mein 2. Lebensjahr

Ketogene Diät

 

 

 

 

 

 

Hoffnung

Mama hat ganz viel Zeit im Rehakids Forum verbracht und Zeynep, Asya's Mama aus Berlin, kennen gelernt. Sie haben sich gleich super verstanden. Asya ist fast gleich alt wie ich. Sie ist im Februar 2006 geboren. Und sie hat genau dieselbe Form von Epilepsie wie ich. Asya und ich haben viele Gemeinsamkeiten. Wir hatten auch einen ähnlichen Entwicklungsstand. Zeynep hat Mama dann den Tipp mit dem ultrahochauflösenden MRT in Stuttgart gegeben.

Mama hat sich sofort (im März 07) dran gemacht und dem Chefarzt einige E-Mails geschrieben. Dieser gab sich sehr engagiert und gab Mama gleich einige Tipps für die Bewilligung und Beantragung über die Kasse. Außerdem bemühte er sich sehr Hannah möglichst bald dran zu nehmen um keine wertvolle Entwicklungs-Zeit zu vergeuden. Normalerweise hat man bis zu einem Jahr Wartezeit. Dringendere Fälle werden teilweise aber zwischen geschoben. Die Ärzte in Östrreich rieten Mama davon ab und meinten, dass das auch nichts bringt. Doch sie setzte sich durch und Dr. Koch von der Neuropediatrie Sbg. schrieb einen Brief an den Chefarzt der GKK. Es dauerte einige Wochen bis die Kostenübernahme geklärt war und dann hatte ich das Riesenglück, dass ich schon am 22. August 07 einen Termin in der Radiologie im Olgahospital in Stuttgart bekommen hatte. Dr. Winkler hat dann dort mit einem noch besseren MRT herausgefunden, dass meine linke Gehirnhälfte eindeutig nicht so gebaut ist wie sie normal sein sollte. Die Diagnose nennt sich fokale kortikale Dysplasie.

Endlich gab es eine Ursache! Und es sah so aus als ob diese sich auf eine gesamte Hemisphäre bezog. Meine linke Gehirnhälfte ist großflächig betroffen.

 

 

Die große Chance

Anfang September fuhr Mama mit mir, Michaela und Manuel (mein 6 Monate älterer Leidensgenosse), für 3 Wochen auf Mutter-Kind-Kur nach Chieming am Chiemsee. Das hat uns allen gut getan. Und das Wetter hat auch fast die ganze Zeit mitgemacht.


Am 12. September bin ich mit Mama und Buchomi dann für einen Tag nach Vogtreuth ins BHZ in die Neuropediatrie zu Dr. Holthausen. Sie wollte sich eine 2. Meinung einholen. Dr. Holthausen war sehr nett und ich habe ihn sogar kurz mal angegrinst! In dieser Zeit ging es mir das erste Mal recht gut. Das EEG, das dort gemacht wurde, war aber trotzdem nicht gut. Ich hatte in den 20 Minuten Ableitung viele Anfälle auch, wenn ich zwischendurch relativ aufmerksam war. Dr. Holthausen nahm sich anschließend über eine Stunde Zeit um mit Meiner Mama und meiner Oma zu sprechen, was er aufgrund der vorligenden Befunde (von Stuttgart, Wien und EEG) empfehlen würde. Er schlug vor alsbald ein EEG-Monitoring in Vogtareuth zu machen und je nach Befund in einer OP 90% der befallenen Gehirnhälfte zu entfernen und nur den Teil, der für die Motorik verantwortlich ist drin zu lassen. Die Chance auf Anfallsfreiheit wäre allerdings nicht so groß gewesen. Und falls wieder Anfälle aufgetaucht wären, hätte man noch als letzte Alternative eine 2. OP, in der der Rest noch ganz von der rechten Hemisphäre abgetrennt werden würde, machen können. Mama machte gleich einen Monitoringtermin aus. Anfang Dezember bekam ich einen Termin für 12 Tage. Die OP würde frühestens im Februar oder März 2008 stattfinden können.

Danach sind wir wieder nach Chieming zurück zur Kur. Doch für ein weiteres EEG-Monitoring in Wien stand der Termin schon wieder fest (Anfang Oktober 07), deshalb mussten Mama und ich auch um einen Tag früher von der Kur wegfahren und gleich direkt mit den ganzen neuen Befunden nach Wien weiter. Die Erholung von Chieming löste sich natürlich gleich in Luft auf. Diesmal konnten die Ärzte im AKH aber, mit dem blöden Kopfklebeding (Video-EEG-Monitoring) an dem ich wieder ein paar Tage hängen musste, sehen, dass diese unangenehmen Anfälle wirklich von der einen Seite kommen! Das war toll! Jetzt konnte ich wirklich operiert werden!


Mama und Papa haben sich riesig gefreut, aber auch sehr gefürchtet. Einige Wochen später fuhren Mama, Papa, Oma und Opas mit mir zur Befundpesprechung und PräOP-Gespräch wieder nach Wien. Da ja meine ganze linke Gehirnhälfte ständig blitzte und meine gesunde Seite auch störte, war laut Dr. Feucht und Neurochirurg Dr. Czech, die einzige sinnvolle Möglichkeit die gesamte linke Hemisphäre unschädlich zu machen und vollkommen vom Rest abzutrennen. Mama und Papa erfuhren, im Gegensatz zu mir, wenn sie dem zustimmen würden, würde ich die Motorik der rechten Körperhälfte verlieren, eine Gesichtslähmung und eine Sehbehinderung erleiden. Und dabei war es nicht einmal sicher, dass es dann auch klappt!

 

 

 

Die Entscheidung

Mama und Papa hatten keine besonders große Auswahl. Ich hätte vermutlich niemals richtig laufen, sprechen usw. gelernt. Sie wollten sich auch später nicht vorwerfen müssen sie hätten nicht alles für mich versucht. Sie wussten einige Zeit nicht ob sie nicht lieber nach Vogtareuth gehen sollten um die Methode zu versuchen, wo die Motorik erhalten bliebe. Sie haben sich dann aber nach langem hin und her überlegen für die Durchtrennung in Wien entschieden, weil ich schon im Dezember 2007, noch vor Weihnachten, einen Termin zur OP bekommen würde, Dr. Czech ein hersausragender und erfahrener Neurochirurg ist und die spezielle Kinder-Intensivstation der Ebene 10 einen sehr guten Ruf hat.

Wir mussten wirklich gar nicht lange warten.

 

 

Die OP

Als ich 21 Monate war... am 10. Dezember 2007 war es dann so weit, ich wurde operiert!

Die Zeit danach war nicht so toll. Ich hab ja überhaupt nicht gewusst was mit mir passiert. Ich wurde mit meinem Bettchen durch viele Gänge und Lifte geschoben und dann in einen kleinen Raum wo lauter maskierte Leute um mich herum standen und mich anstarrten und mit Mama und Papa redeten. Mama und Papa waren auch ganz anders als sonst.

Die Tage davor haben sie schon viel mehr mit mir gekuschelt als sonst und miteinander auch. Manchmal war es ganz still und dann haben sie Kerzen angezündet und mir etwas schönes vorgesungen. Eigentlich hätte die OP ja angeblich schon eine Woche früher stattfinden sollen. Wir sind extra nach Wien gefahren und ich hab bin 8 mal gepiekst worden, bis die endlich das blöde Ding dort hatten wo sie es haben wollten. Mann, hab ich geschrien.... so schlimm bis ich mich übergeben habe und vor Erschöpfung eingeschlafen. Doch dann mussten sie es wieder versuchen, mir hat schon alles so weh getan und ich hatte solche Angst, weil mich drei weiße Leute festgehalten haben und die Mama auch noch! Das war mir einfach zu viel. Nach 2-3 Stunden haben sie es dann endlich geschafft und ich durfte mich ausruhen. Gerade als ich einschlafen wollte kam der Nikolaus und hat mit seinem Stab so laut auf den Boden geklopft, dass ich vor Schreck einen Anfall hatte.

Und das alles war, wie sich am nächste Morgen herausstellte völlig umsonst gewesen. In der Nacht ist ein Notfall gewesen, deshalb war für mich kein Bett mehr auf der Intensivstation frei. Mama hat sogar geweint.

Dann sind wir einen Tag später wieder nach Hause gefahren, nach einer sehr sehr kurzen Nacht, weil das Kind, das neben mir geschlafen hat die ganze Nacht kein Auge zu gemacht hat und ständig gesungen, geweint und geflüstert hat. Wir waren dann also von Freitag bis Sonntag zu Hause. Mama und Papa sind mit mir in die Kirche gegangen, haben Kerzlein angezündet und gebetet.


Am Sonntag Abend waren wir dann wieder im Krankenhaus in Wien und jetzt war ein neues Problem gekommen. Mama hat mir erzählt, dass meine Blutwerte nicht ganz so gut waren, wie sie für eine OP sein sollten. Wieder bangten Mama und Papa ob es in der Früh wirklich los geht oder nicht. Mama hat die ganze Nacht überhaupt nicht geschlafen und mir jedes Mal wenn ich von meinen Anfällen munter wurde, so süße Kügelchen gegeben und so was salziges in die Nase gesprüht (das mag ich überhaupt nicht).In der Früh um 6 wurde ich aus dem Schlaf gerissen und wieder gepiekst. Meine Mama hat bis 8.30 ganz nervös gewartet was nun mit dem Blut gewesen ist und ob jetzt die OP endlich stattfinden kann oder nicht. Und weil die Ärztin am Vortag zur Mama gesagt hat, dass wenn bis 8.00 mich niemand holen kommt, dann findet die OP wieder nicht statt. Mama ist also schon vom Schlimmsten ausgegangen und war mit den Nerven total am Ende. Dann stellte sich heraus, dass der Träger in der Früh das Blut nicht abgeliefert hatte und ich nochmal gepiekst werden muss!! Sooo gemein, dafür sind sie diesmal mit einem Fingerpieks ausgekommen. Diesmal haban sie sich richtig beeilt und schon um 9.00 kam der Träger und die Frau Dr. Urak konnte Mama endlich die frohe Botschaft überbringen, dass ich operiert werden kann. Vor lauter Aufregung und Mitfiebern hat sie Mama sogar umarmt und die hat vor Freude, Angst und Aufregung gezittert.


Die Stunden während meiner Operation, waren für Mama, Papa und meine Omas und Opas unendlich lange. Sie haben mich um halb 10 Uhr am Vormittag abgegebenerst um kurz nach 20.00 konnten sie zu mir auf die Intensivstation! Ganz schön lange!! Gott sei Dank hab ich nicht gar so viel davon mitbekommen. und

Als ich aufgewacht bin hab ich mich eh gleich recht gewehrt gegen den blöden Schlauch in meinem Hals. Und ich hab auch richtig geschrien und gewürgt als sie das Ding rausgezogen haben. Dafür hab ich gleich selber wieder atmen können. Aber es war ein richtiger Schock für mich. Plötzlich war alles völlig anders...

Die erste Zeit nach der OP

Ich hab meine ganze rechte Seite nicht mehr gespürt und vor allem nicht mehr bewegen können. Ich hab nur viele verschiedene Geräusche und Stimmen gehört aber sehen konnte ich auch nichts mehr. Da hab ich schon die Panik bekommen. Meine Augen haben nur gezittert und wenn wer was zu mir gesagt hat hab ich nur geschrien. Es war einfach alles plötzlich so anders und mir tat auch glaub ich alles weh, denn ich hatte auch immer wieder hohes Fieber. Und von den ganzen Mittelchen die ich über die vielen Schläuche bekam war ich ganz schlapp und hab ganz viel geschlafen und gedöst. Am nächsten Tag nach der OP war ich ganz schrecklich blass und schlapp und weil mein Blutdruck nicht gut war hab ich Blutkonserven bekommen. Das hat aber sehr geholfen. Am 5. Tag nach der Op. Also am Freitag ham sie mich dann auf die normale Station geschoben. Dort hab ich mich dann ganz ganz langsam wieder erholt. Ich hatte viele Nächte mit wenig Schlaf und noch ein 48 Stunden EEG-Video-Monitoring. Immer wieder hab ich stundenlang, ohne recht zu wissen warum, geschrien. Wahrscheinlich war mir einfach alles zuviel… zu viele Eindrücke mit denen ich nicht mehr zu Recht kam, das war ja vor der Op. ganz anders… da hab ich irgendwie immer zu wenig mitbekommen.

 

 

Endlich zu Hause

Am Samstag den 21. Dezember bin ich endlich mit Mama und Papa nach hause gefahren. Zu hause war die Stimmung recht angespannt. Ich war aber trotzdem froh endlich in ruhe schlafen zu können, ohne in der Nacht ständig geweckt zu werden. Ich war noch gar nicht richtig fit, hatte im Mund und am Popo einen ganz fiesen Pilz und Bauchweh von den vielen Medikamenten. Ich war auch noch sehr schlapp und weinerlich und hab viel ins leere gestarrt und kaum was gegessen und getrunken.

 

 

Angst vor einer 2. OP

Außerdem glaubten Mama und Papa, dass die Anfälle noch nicht weg waren, weil im EEG noch was zu sehen war und vor dem MRT am 20. Dezember auch noch so kleine Zuckungen zu sehen waren. Deshalb hatte ich schon einen Termin am 27. Dezember für eine 2. Op., weil Dr. Czech vermutete, dass vielleicht nicht alles durchtrennt war. Weihnachten war also sehr gedämpft. Es gab zwar viele tolle Geschenke aber die Stimmung war eher bedrückend als fröhlich, das hab ich sogar gemerkt.

Als wir dann am 27.12.07 wieder nach Wien fuhren und ich schon meinen Venflon und das CT hinter mir hatte, wurden wir von Dr. Czech wieder nach hause geschickt. Mama hatte ihm erzählt, dass seit der Narkose vom MRT keine Anfälle mehr aufgetreten waren und so meinte der Chirurg sei es überflüssig zu operieren. Mama und Papa sollten zu hause weiter beobachten ob wieder was käme und sich dann wieder melden. Ansonsten reiche es aus, wenn wir zur 3 Monatskontrolle wieder kommen würden. Grade nochmal Glück gehabt!

Das war wohl göttliche Fügung, denn an jenem Nachmittag meinten die Ärzte wir könnten das präOP - Thorax Röntgen ausfallen lassen, denn die Blutwerte passten und sie gingen ohnehin nicht von einer Infektion aus. Am nächsten Vormittag jedoch (wieder zu hause), an dem die 2. OP hätte stattfinden sollen, hatte ich Fieber und deutliche Atembeschwerden. Als wir einen Tag später zum Arzt fuhren, weil es mir eher zunehmend schlechter ging und ich auch immer wieder unvermittelt schrie vor Schmerzen, stellte sich heraus, dass ich eine spastische Bronchitis hatte und eine Mittelohrentzündung. Es dauerte gut 2 1/2 Wochen bis ich mich einiger maßen von dem Infekt gefangen hatte und bis die Pilzinfektion (die von dem ganzen Antibiotikum wieder aufgeflammt war) abgeklungen war.

 

 

Diesmal richtig zu hause

Die Wochen danach waren für mich sehr angenehm. Endlich mal viel kuscheln, wenige Therapien, wenige Termine, viel Zeit mit Mama und Papa. Mama und Papa aber waren ständig am beobachten, ob nicht doch ein Anfall käme.

 

 

Wieder in Wien

Ich hatte hin und wieder so komische Zucker und wurde auch wieder zunehmend apathisch so, dass Mama gegen Ende Jänner doch früher einen Termin in Wien ausgemacht hatte. Dort sprachen sie gleich wieder von OP und Mama war ganz aufgeregt. Diesmal musste sie ganz allein mit mir hinfahren. Also waren wir Anfang Februar wieder dort und sie machten wieder so ein EEG-Monitoring (was ich hasse… vor allem das aufkleben). Da stellte sich heraus, dass ich keine Anfälle mehr hatte und mein EEG war anscheinend das erste Mal in meinem Leben „schön“. Natürlich nur auf meiner rechten Hemisphäre, denn auf der Linken blitzte es (bis heute noch) fröhlich weiter aber, das ist mir doch schnurz piep wurscht ;-) Mama war natürlich riesig erleichtert, dass ich nicht noch mal operiert werden musste… und ich erst ;-) Warum ich immer wieder so abwesend war und manchmal so komisch blinzelte konnten sie Mama aber auch nicht so sicher beantworten. Sie vermuteten, dass ich einfach noch Zeit brauche um mich von der Op zu erholen.

 

 

Reha Vogtareuth von 25. Februar 2008 bis 29. Mai 2008

Ende Februar fuhren Mama und ich dann nach Vogtareuth zur postoperativen Rehabilitation. 4 Wochen waren geplant, doch 3 Monaten waren wir dann dort.